Warum gibt es Regentropfen in verschiedenen Größen?

Warum gibt es Regentropfen in verschiedenen Größen?
Posted in: Regen und Wetter

Schon vor über 100 Jahren haben Wissenschaftler beobachtet, dass Regentropfen unterschiedlich gross sein können. Inspiriert wurden sie von Wilson Bentley, einem Farmer aus dem amerikanischen Vermont. Bentley füllte Teller mit Mehl und liess sie für kurze Zeit im Regen stehen. Anschliessend mass er die feuchten Flecken auf dem Mehl und berechnete daraus die Grösse und die Anzahl der Regentropfen. Er war der erste, der feststellte, dass es nicht nur unterschiedliche Tropfengrössen gab, sondern dass sich die Verteilung der Tropfengrösse je nach Art des Regens unterschied. In den 1950er konnte nachgewiesen werden, dass die Tropfengrössen in schweren Stürmen breiter verteilt sind als in feinen Nebeln – die sogenannte Marshall-Palmer-Verteilung.

In der Schule haben wir alle gelernt, dass sich Regentropfen in den Wolken bilden, wenn Wasserdampf auf Staub oder anderen winzigen Partikeln haften bleibt und sich allmählich aufbaut. Da diese kleinen Tropfen in der Wolke relativ dicht beieinander liegen, stossen sie miteinander zusammen und verschmelzen zu größeren Tropfen. Die turbulente Luft im Innern einer Gewitterwolke kann diesen Prozess begünstigen.

Man ist davon ausgegangen, dass die Regentropfen auf dem Weg zum Boden immer weiter kollidieren, so dass einige Tropfen grösser als andere werden, gemäss der Marshall-Palmer-Verteilung. Forscher aus Frankreich haben nun nachweisen können, dass die Regentropfen ausserhalb von Wolken kaum miteinander kollidieren. Sie argumentieren, dass es selbst bei einem heftigen Regenschauer nur ein paar tausend Tropfen pro Kubikmeter gibt und nur wenige Zusammenstöße zwischen diesen Tropfen auf ihrem Weg von einer Wolke in 1 km Höhe zum Boden, was bei weitem nicht ausreicht für eine stabile Verteilung der Tröpfchengrössen.

Stattdessen konnten sie mit Hochgeschwindigkeitskameras zeigen, dass die Vielfalt der Regentropfen durch das Platzen einzelner, nicht interagierender Regentropfen verursacht wird. Sie konnten zeigen, dass ein Regentropfen zunächst als Kugel fällt, sich dann aber zu einer Pfannkuchenform abflacht. Wenn der Pfannkuchen breiter und dünner wird, führt der Luftwiderstand dazu, dass sich die Form aushöhlt, wie ein umgedrehter Sack. Irgendwann ist der Sack so stark aufgebläht, dass die Spannung des Wassers ihn nicht mehr zusammenhalten kann, und er zerplatzt in viele kleine Tröpfchen. Die Grössenverteilung der Tröpfchen, die sich aus dem Platzen des grossen Regentropfens ergeben, entspricht der bereits beobachteten Verteilung. Mit Hilfe der Kameras konnten sie ausserdem zeigen, dass der gesamte Vorgang nur wenige Tausendstelsekunden dauert.

3 years ago